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Die Robbe Paro sorgt fürleuchtende Augen

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Vier Wochen lang hat das Caritas-Altenheim St. Michael die Robbe Paro mit seinen Bewohnern getestet.
Vier Wochen lang hat das Caritas-Altenheim St. Michael die Robbe Paro mit seinen Bewohnern getestet. © Privat

Im Kino fesselt derzeit die Beziehung zwischen Ex-Juwelendieb Frank, der mit fortschreitender Demenz kämpft, und seinem Haushalts- und Pflegeroboter das Publikum. Roboter in der Demenzbetreuung? Keine Fiktion.

Im Caritas-Altenheim St. Michael Perlach hat man gerade so eine Maschine getestet: Die Robbe Paro. 

„Du bist ein ganz Süßer!“ Wer Paro anspricht, wird aus schwarzen Knopfaugen aufmerksam beäugt. Die weiße Baby-Robbe hebt den Kopf in Richtung der Worte und fiept. Wird über das weiße Kuschelfell gestreichelt, dann brummt sie zufrieden. Das Ganze wirkt so echt, da könnte man fast vergessen, dass der niedliche Heuler nicht echt ist. Bei der Robbe handelt es sich um einen neuartigen emotionalen Roboter, der in Europa als therapeutisches Mittel eingesetzt wird. Erfunden hat das Gerät ein Japaner. Unter dem Kuschelfell steckt ganz viel High-Tech. Schwammartige Tastsensoren am ganzen Körper registrieren, wo und wie stark das Tier angefasst wird, lösen Bewegungen und Laute als Reaktion aus. Zwei hochsensible Bewegungssensoren in der Nase verursachen die Kopfbewegungen. So kann die Kuschelrobbe unterschiedlich auf aktive und stille Personen reagieren. Bei Nichtgefallen stößt Paro einen hohen Quietschton aus. 

Test in Perlach

Vier Wochen lang hat das Caritas-Altenheim St. Michael in Perlach dieses derzeit modernste „healthing pet“ (= gesundheitsfördernde Haustier) mit seinen Bewohnern getestet. Beim Erstkontakt sei Neugier, aber auch Respekt und Zurückhaltung zu spüren gewesen, erzählt die stellvertretende Pflegedienstleiterin Michaela Stöger. Speziell bei Menschen mit Demenz, die aufgrund ihrer Krankheit oft in einer eigenen Welt leben, sei mit dem Robotertier die Kontaktaufnahme gut gelungen. „Er ruft Aufmerksamkeit hervor, fördert Wahrnehmung und Konzentration“, hat Stöger bemerkt. Paro helfe Brücken zu bauen, Gespräche zu initiieren. „Man kommt schneller ins Gespräch.“ Vor allem mit Menschen, die früher Kontakt mit Tieren hatten. Über das Fühlen des Fells und das Streicheln würden Erinnerungen wachgerufen, die emotional wirken. Einen Bewohner beispielsweise habe das Wackeln der Schwanzflosse an seinen Hund erinnert. 

Die Augen leuchten

Wohltuende Erinnerungen würden Körper und Geist stabilisieren, erklärt Michaela Stöger. „Das sieht man den Menschen auch an, sie haben einen anderen Gesichtsausdruck, die Augen leuchten.“ Immer wieder hätten die Altenheim-Bewohner mit dem Tierchen gekuschelt. Die Babysattelrobbe rege das Bedürfnis nach Zärtlichkeit stark an, glaubt Stöger. Kein Wunder, das 2,5 Kilo schwere Robo-Tier entspricht in Form und Größe einem Wickelbaby. Zudem tritt bei Heulern das Kindchen-Schema stark hervor. 

Neue Zugänge

Die Roboterrobbe helfe durchaus neue Zugänge zu Menschen mit Demenz zu finden. Die Interaktion fördere die direkte Wahrnehmung bei den Betroffenen. Allerdings ist sie nicht für jeden geeignet, hat Sozialbegleiterin Manuela Vogel-Zierlinger festgestellt. „Bei Leuten, die so rumkruscheln funktioniert es ganz gut, bei zielgerichteter Unruhe eher nicht.“ Manche Bewohner seien über bestimmte Reaktionen auch regelrecht erschrocken. Ihnen war das Tier unheimlich und sie wollten nicht damit allein sein. Sie hätten die Robbe nach gewisser Zeit auch gerne wieder abgegeben, erzählt Vogel-Zierlinger. 

Kein Ersatz

Den beiden Fachfrauen ist ein Punkt ganz wichtig: „Man darf die Menschen nicht mit Paro allein lassen!“ Die interaktive Kuschelrobbe sei kein Ersatz für menschliche Zuwendung. Und es sei kein Lückenfüller im Pflegenotstand. „Dieser Roboter muss ganz bewusst und an die Bewohner angepasst, verwendet werden.“ So könne er durchaus eine ergänzende Therapieform sein. „Es ist eine von vielen Möglichkeiten als Zugang.“ In Perlach gibt es bereits Therapie-Hunde und –Wellensittiche, zudem werden Handpuppen, Hochbeet und Handmassage in der Demenzbetreuung eingesetzt. Doch im Gegensatz zu einem Hund, der nach 20 Minuten im wahrsten Sinne des Wortes die Schnauze voll habe, kann Paro länger aushalten. Bei der Robbe muss nur regelmäßig der Akku per Stromschnuller aufgeladen werden. 

Nicht ganz billig

Das High-Tech-Tier ist allerdings nicht billig. Die Roboter-Robbe kostet 5000 Euro. Das Perlacher Altenheim könne sich das nicht leisten. Käme aber eine gute Fee in Form eines großzügigen Sponsors, dann würden Stöger und Vogel-Zierlinger den Kuschelroboter schon nehmen. Vielleicht auch gemeinsam mit einer anderen Einrichtung, die Paro ebenfalls einsetzen möchte. 

Carmen Ick-Dietl

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