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Robotertiere So flauschig kann Elektronik sein

Sie sind pflegeleicht, stubenrein und gut fürs Herz: Flauschige Robotertiere können besonders älteren Menschen ein guter Freund werden. Wie zum Beispiel Paro, die Roboterrobbe. Mit Video
Robotertiere: Paro: Die flauschige Roboterrobbe
Paro: Die flauschige Roboterrobbe
© Friederike Brandenburg für GEOlino Extra

Paro schlägt die Augen auf, dreht den Kopf und quiekt: "Uuui, uuui!" Da legt Frau Wienzek ihre Arme um das Robbenbaby, drückt es an ihren Bauch und streicht ihm über das flauschige Fell. "Ja, du hast mich lieb", sagt die 87-Jährige. Und Paro dreht den Kopf zu ihr und blinzelt.

In Paros Gesellschaft ist Frau Wienzek aus Hamburg glücklich. 57 Zentimeter lang und 2,7 Kilogramm schwer ist ihre geliebte Robbe - und so schneeweiß wie ihr natürliches Vorbild. Aber viel geduldiger und hundertprozentig stubenrein. Denn Paro ist ein Roboter.

2005 entwickelte ihn der japanische Erfinder Takanori Shibata speziell für alte Menschen wie Frau Wienzek. Mit seinen Blicken und Bewegungen soll der Apparat sie beglücken und beruhigen, ohne je müde oder unfreundlich zu werden.

Mit dem Plastikei fing alles an

Robotertiere: Paro bereitet alten Menschen viel Freude
Paro bereitet alten Menschen viel Freude
© Friederike Brandenburg für GEOlino Extra

Ein Haustier, das - vom elektrischen Strom einmal abgesehen - nichts braucht und uns trotzdem alles gibt: eine tolle Idee, doch keineswegs eine neue. 1996, knapp zehn Jahre vor Paro, brachte ein ebenfalls japanischer Tüftler das wohl erste Elektro- Tier heraus: das "Tamagotchi", ins Deutsche übersetzt: "Eieruhr".

Das Tamagotchi war ein Plastikei mit Display und Schlüsselkette, das dauernd etwas wollte: fressen, schlafen, spielen. Und so "fütterten" die vielen Tausend Besitzer per Tastendruck ihr Tamagotchi, sorgten dafür, dass es genug schlief und trank, und schenkten ihm die nötige Zuneigung. Fehlte es dem Plastikei an etwas, "starb" es. Viele Besitzer trauerten tagelang.

Bald darauf kam Aibo auf den Markt, ein Elektro-Dackel, der dank eingebauter Kamera, Mikrofone und Berührungssensoren sogar auf die Kommandos seines Herrchens reagieren kann. Es folgten Kunstkatze Yume Neko und Dacky - ein Plastikhund, der 650 Wörter versteht.

Im Video erklärt euch Altenpflegerin Gabriela Magiera-Schütt, wie Paro funktioniert.

GEO-Fallback-Bild

Paro, die Roboterrobbe

01:53 min

Gute und schlechte Kopien

Der Paro-Erfinder gab seinem Kunst-Kuschler mit Absicht nicht die Form eines Hundes, sondern die einer Robbe - weil der Mensch Robben zwar kennt, aber nicht ganz genau. Und das ist wichtig. Denn vergleicht man ein vertrautes Haustier wie den Hund mit seiner Kopie, schneidet die Nachbildung immer sehr schlecht ab, und die Menschen sind enttäuscht.

Die Robo-Robbe aber wirkt so echt, weil man ihr wahres Vorbild nicht so genau vor Augen hat. Ein gutes Dutzend Sensoren sorgen dafür, dass Paro auf Berührungen und Stimmen reagiert. Spricht sie also jemand an oder streichelt sie, bewegt die Robbe die Flossen, quiekt und schlägt die Augen auf.

Zahlreiche Altenheime in Europa haben das rund 3000 Euro teure Kunsttier mittlerweile angeschafft - aus gutem Grund. Barbara Klein, Professorin am Institut für Soziale Arbeit und Gesundheit an der Fachhochschule in Frankfurt am Main, zeigte nämlich in ihren Projekten: Fast jeder Mensch, der die Robbe berührt, beruhigt sich.

Patienten, die sonst kaum noch reagieren, freuen sich über die Gesellschaft der Robbe. Sie bringt Schweigsame zum Sprechen und schlecht Gelaunte zum Lachen. "Paro zaubert selbst uns Wissenschaftlern ein Lächeln aufs Gesicht, obwohl wir ja bestens wissen, wie er funktioniert", sagt Barbara Klein.

Einfach unberechenbar

Wie Paro das schafft? Schlicht und einfach dadurch, dass ihn niemand beeinflussen kann. Er wirkt echt, weil er fast unberechenbar ist - wie lebendige Haustiere! Dieser Trick funktioniert bei allen Roboter-Haustieren. Wenden sie sich uns zu, fühlen wir uns geliebt.

Schließlich scheinen sie das freiwillig zu tun. So verdrängen wir schnell, dass sie nicht mehr als Gegenstände sind. Doch spätestens, wenn irgendwann die Batterien leer sind, müssen die meisten einsehen, dass Tiere aus Fleisch und Blut nicht zu ersetzen sind.

Trotzdem: Dank Paro und Co. können nun auch solche Menschen Haustiere besitzen, die sonst keine Zeit oder keine Möglichkeit dazu hätten - wie Frau Wienzek. Als deren Pflegerin später eine hellblaue Decke über Paro legt und erklärt, die Robbe brauche jetzt Ruhe, hat die alte Dame Verständnis. Gemeinsam zuppeln sie die Schlafdecke zurecht, dann trägt die Pflegerin Paro fort.

GEOLINO EXTRA Nr. 37 - Haustiere

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