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Kuscheln als Therapie

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Süß - aber Paro ist eine Therapie-Roboter-Robbe.
Süß - aber Paro ist eine Therapie-Roboter-Robbe. © FR/Arnold

Mit der Roboter-Robbe Paro haben Studenten der FH Frankfurt in Altenheimen positive Erfahrungen gemacht. Zurzeit weilt ihr Erfinder, der Japaner Takanori Shibata, in Frankfurt und führt das putzige Tierchen vor.

Von Astrid Ludwig

Aus dem Hörsaal im ersten Stock des Piloty-Gebäudes dringen hohe Fieptöne. Herzerweichende Laute, wie sie Kleinkinder oder Tierjunge ausstoßen, die um Aufmerksamkeit flehen. Dort, wo sonst angehende Informatiker der TU Darmstadt über Formeln brüten, drängen sich die Studenten jetzt um ein Pult, auf dem zwei Kuscheltiere liegen. Weiße flauschige Robbenbabys, die bei Berührung mit den Flossen wackeln, zufrieden quietschen, die Köpfe drehen und mit ihren schwarzen Kulleraugen blinzeln.

Weich sind sie und irgendwie süß, so dass man sie anfassen möchte. Finden auch die Informatik-Studenten. Sie heben die Robben an, schauklen sie mit breitem Grinsen wie ein Baby im Arm, stupsen die Nase, drücken mal hier, mal dort, um zu testen, ob unter dem Flauschfell die feste Computerform zu ertasten ist. Echt sind sie nämlich nicht, die Robben, die der japanische Gast, am Montag mit in die Vorlesung von Professor Oskar von Stryk gebrach hat, dessen Fachbereich sonst mit Fußball kickenden Hunde-Robotern Furore macht.

Paro hat Takanori Shibata, der japanische Entwickler, seine Therapie-Robbe genannt. Der 2,7 Kilo schwere und rund 90 Zentimeter große Seehund-Roboter ist das Paradeexemplar der emotionalen Robotik. Paro soll in Pflegeheimen alte, demenzkranke Menschen oder behinderte Kinder aufmuntern und für Therapie-Fortschritte sorgen. Dafür, berichtet Shibata, ist er mit einem hochkomplexen Innenleben ausgestattet, mit Sensoren, die auf Berührung, Helligkeit oder Geräusche reagieren und Stimmen unterscheiden können. Wird Paro gestreichelt oder angesprochen, revanchiert er sich mit Fieptönen und Bewegungen.

Eigenschaften, auf die Demenzkranke positiv reagieren, haben Professorin Barbara Klein und ihre Studenten von der FH Frankfurt festgestellt. 2009 hat der Fachbereich Soziale Arbeit für rund 4600 Euro, so viel kostet ein Exemplar derzeit, die Kuschelrobbe als eine der ersten deutschen Hochschulen angeschafft. Klein hatte Shibata in Japan kennengelernt und war von der Idee angetan. In Lehrforschungsprojekten des Studiengangs wird der Therapie-Roboter seither für Projektarbeiten in Altenheimen eingesetzt.

Abwechslung im Pflegealltag

Künstliche Lebewesen in der Pflege? Eine Frage, mit der sich die Studenten kritisch auseinandersetzen. Vorbehalte hatten sie ebenso wie Pfleger und Patienten. Eine Skepsis, die sich während des ersten Projektes legte. Heute sehen die Studenten, so Klein, „ein Potenzial für beschäftigungstherapeutische Ansätze“. Von den 35 Patienten, die in Frankfurt Kontakt mit dem Kuschelroboter hatten, lehnten sie nur drei ab. „Die Robbe sorgt für Abwechslung im Pflegealltag“, wirbt Klein dafür, neue Technologien auch in der Pflege zu nutzen. Die FH-Studien zeigen: Paro heitert die Kranken auf, hilft Stress oder Aggressionen abzubauen, sorgt für mehr Gespräche der Patienten untereinander. Die Studenten berichten von Frau B. „die extrem glücklich und zufrieden wirkte, wenn sie die Robbe bei sich hatte“.

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